1914-1918
„Als aber dann die schweren Kriegsjahre 1914 bis 1918 heraufzogen und die Liedertafel allein bis September 1914 etwa 47 Ausmarschierte hatte, ging ein breiter, schwarzer Schleier über das Reutlinger Vereinsleben. Wenn Goethe in seinem Prometheus sagt: „Verhülle deinen Himmel, Zeus, mit Wolkendunst“ so möchten wir diese Worte als treffendes Schlagwort auf die vielen leeren Seiten unserer Kriegsprotokollbücher schreiben, denn die Kriegsjahre waren ein kolossaler Rückschlag im deutschen Gesangvereinsleben. Verdiente Männer wie Gustav Schenk, Jakob Schuh, Gustav Lachenmann, Wilhelm Bindel, Konrad Schlichenmaier u.a., die heute [1933] noch zum Teil als aktive Sänger tätig sind, steuerten das brüchig gewordene Vereinsschifflein durch die Wogen des Weltkriegs, bis endlich das Jahr 1919 die Befreiung aus Not und Eisen brachte. Erst allmählich wieder kam mehr Leben und Interesse in den Verein herein und es zeigte sich auch hier wieder die zusammenschmiedende Macht des deutschen Liedes. Dann aber kamen die Jahre des Aufsteigs und es war, als kehre mit dem damaligen Dirigenten dem jetzigen Gauchormeister des Uhlandgaues, W. Strecker ein neuer Geist ein in das Zeitalter des Schaffens und Wirkens. Was uns noch fehlte in der Reutlinger Liedertafel, das brachte im Jahre 1925 unser derzeitiger Chormeister, Komponist Hugo Herrmann mit, nämlich Sinn für gediegene neue Musik und Interesse für höhere Chorschulung. Unter seiner Direktion blühte die Reutlinger Liedertafel zusehends heran und die urgewaltige Wahrheit des Liedertafel-Wahlspruches: „Durch die Eintracht stark, durch Wahrheit frei, dem deutschen Liede hold und treu“ zeigte sich fortan im Streben der Sänger nach Wahrheit und Licht.“